Humanitäre Visa – die Suche nach einer menschenwürdigen Asylpolitik

9. Mai 2018

Seit vielen Jahren suchen Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt Schutz in Europa. Da der Antrag auf Asyl aber nur auf dem Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaats gestellt werden kann, begeben sich Tausende auf lebensgefährliche Fluchtrouten über das Mittelmeer oder den Balkan. Eine Möglichkeit, auf sicherem Weg nach Europa zu gelangen, wäre die Ausstellung von humanitären Visa. Die Konferenz „Humanitarian visas and the external dimension of the EU migration and asylum policy“, die vom 17. bis 18. Mai am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung stattfindet, wird sich mit der Frage beschäftigen, ob humanitäre Visa eine sinnvolle Alternative für die EU-Asyl- und Migrationspolitik sein können. Die Konferenz ist eine gemeinsame Veranstaltung der Abteilung ‚Recht und Ethnologie‘ am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung und der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Konferenzsprache ist Englisch.

Einfache Lösungen gibt es nicht
Die gegenwärtige Migration nach Europa ist auf mehreren Ebenen von großer Ungerechtigkeit gekennzeichnet: Viele Menschen, die aus guten Gründen Schutz suchen, haben nie die Chance auf ein Asylverfahren, weil ihnen das Geld fehlt, um Schlepper zu bezahlen oder weil sie körperlich gar nicht in der Lage sind, den gefahrvollen Weg auf sich zu nehmen. Zudem sind beispielsweise Griechenland oder Italien allein aufgrund ihrer geografischen Lage sehr viel stärker von den Folgen der Migration betroffen als andere EU-Mitgliedstaaten. „Diese zufällige Selektion von Menschen, die in der Lage sind zu fliehen einerseits und die seit Jahren bestehende Überforderung südeuropäischer Staaten andererseits, kann man auf Dauer nicht hinnehmen“, sagt Prof. Dr. Marie-Claire Foblets, Direktorin der Abteilung „Recht & Ethnologie“ und Mit-Organisatorin der Konferenz. „Aber es gibt in dieser Situation eben auch keinen einfachen Ausweg. Ob beispielsweise die Ausstellung von humanitären Visa ein sinnvoller und praktikabler Schritt zu einer besseren Lösung sein könnte, wollen wir auf unserer Konferenz mit internationalen Experten diskutieren.“

Die rechtlichen Grundlagen für humanitäre Visa
Die Idee eines humanitären Visums ist eigentlich ganz einfach: Menschen, die nachweisen können, dass sie im Sinne des Asylrechts verfolgt werden, können sich weltweit an europäische Botschaften wenden, um ein Visum zur Einreise in den jeweiligen EU-Mitgliedstaat zu erhalten. Mit einem solchen Visum wäre die legale und sichere Einreise nach Europa gewährleistet, wo dann der Antrag auf Asyl gestellt werden könnte. „Aber bei der praktischen Umsetzung gibt es viele Details zu bedenken“, sagt Marie-Claire Foblets. „Deshalb geht es uns zunächst einmal darum zu analysieren, ob und wie man auf der Basis des EU-Rechts und des Rechts der Mitgliedstaaten Migranten schützen kann, die sich außerhalb Europas befinden.“ Anhand der Rechtssysteme mehrerer europäischer Staaten werden die Teilnehmer der Konferenz deshalb auch darüber diskutieren, welche Möglichkeiten das nationale Recht gegenwärtig bietet, um humanitäre Visa auszustellen.

Die Zukunft der Migrations- und Asylpolitik
Auf der Konferenz wird es aber nicht nur um die gegenwärtige rechtliche Grundlage der Migrationspolitik gehen, sondern auch darum, wie in Zukunft die europäische Migrations- und Asylpolitik menschenwürdiger gestaltet werden könnte. Foblets: „Die Einführung humanitärer Visa ist sicherlich nicht die Lösung für alle Probleme in der Migrationspolitik. Denn die Umsetzung in die Praxis ist sehr voraussetzungsreich und es gibt viele Dinge zu bedenken. Beispielsweise existiert im Augenblick noch gar keine geeignete administrative Infrastruktur in den Botschaften. Außerdem haben auch nicht alle Schutzsuchenden die gleichen Chancen, sich überhaupt an Botschaften zu wenden. Dieser Umstand schafft wiederum neue Selektivitäten. Und völlig ungeklärt ist die wichtige Frage, wie wir mit abgelehnten Asylbewerbern umgehen wollen, die mit Hilfe eines humanitären Visums legal eingereist sind.“

Erforschung des globalen sozialen Wandels
Das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung ist eines der weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Ethnologie (Sozialanthropologie). Es hat seine Arbeit 1999 mit den Gründungsdirektoren Prof. Dr. Chris Hann und Prof. Dr. Günther Schlee aufgenommen und 2001 seinen ständigen Sitz im Advokatenweg 36 bezogen. Mit Ernennung der Direktorin Prof. Dr. Marie-Claire Foblets im Jahre 2012 wurde das Institut um eine Abteilung zum Themenfeld ‚Recht & Ethnologie‘ erweitert. Forschungsleitend ist die vergleichende Untersuchung gegenwärtiger sozialer Wandlungsprozesse. Besonders auf diesem Gebiet leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Institutes einen wichtigen Beitrag zur ethnologischen Theoriebildung. Sie befassen sich darüber hinaus in ihren Projekten oft auch mit Fragestellungen und Themen, die im Mittelpunkt aktueller politischer Debatten stehen. Am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung arbeiten gegenwärtig 175 Wissenschaftler aus über 30 Nationen. Darüber hinaus bietet das Institut zahlreichen Gastwissenschaftlern Raum und Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch.

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Mehr Informationen zur Abteilung ‚Recht und Ethnologie‘:

Kontakt für diese Pressemitteilung
Prof. Dr. Marie-Claire Foblets
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Recht & Ethnologie’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-300
Mail: foblets@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de/foblets

Kontakt für die Presse
Stefan Schwendtner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
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Mail: schwendtner@eth.mpg.de
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