Wohlergehen

22. Juni 2020

Die medizingeschichtliche Forschung hat eindrücklich vorgeführt, wie eng das Bemühen um die Verbesserung der Gesundheitsversorgung mit der Ausbildung von Mechanismen zur Kontrolle der Bevölkerung verknüpft ist. Stand früher die Vorbeugung und Bekämpfung von Krankheiten im Zentrum der medizinpolitischen Aufmerksamkeit, so rücken heute sehr viel umfassendere Fragen nach dem Wohlergehen in den Vordergrund. Die Eingriffe im Namen der Verbesserung körperlichen Wohlbefindens haben sich um viele neue Bereiche erweitert und beinhalten die Förderung von gesunder Ernährung, Fitness, gutem Schlafmanagement und psychosozialem Ausgleich. Es gibt sogar das Bestreben nach einer Steigerung gesamtgesellschaftlichen Glücks. Die Tendenz zur ganzheitlichen Vorsorge hat das Spektrum gesundheitspolitischer Maßnahmen erweitert, neue Berufsgruppen in Gesundheitssysteme integriert und zu einer kritischen Neubewertung der Biomedizin geführt. Letztere hat noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte Vorstellungen von guter medizinischer Versorgung so umfassend dominiert, und zugleich ist das, was mit „Medizin“ gemeint ist, viel breiter geworden. Biomedizin ist in Richtung auf Psychologie und Neurowissenschaften durchlässig geworden, und die Diagnostik stützt sich immer mehr auf Computeranalysen. Zugleich ist Medizinpolitik aufs engste mit wirtschaftlichen Fragen verbunden und folgt dem Streben nach ökonomischer Effizienz und der Optimierung von Verwaltungsvorgängen. Die Arbeitsgruppe „Wohlergehen“ erforscht Fragen von Heilung und Gesundheit in Asien und Afrika. Projekte untersuchen die Rolle von Gentests für Familienplanung und Erziehung, den Einsatz von digitaler Technologie für Gesundheits-Monitoring und die globale Ausbreitung von Psycho-Techniken für den mentalen Ausgleich.

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